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Verhältnis zwischen Mensch und Pflanze - Vaterland online - Liechtensteiner Vaterland

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Das Kunstmuseum wagt sich drei Jahre nach der letzten interdisziplinären Ausstellung «Who Pays?» an ein spartenübergreifendes Thema.

Die Ausstellung «Parlament der Pflanzen» nähert sich einerseits mit zwölf Künstlerpositionen dem Einfluss von Pflanzen auf den Menschen an und macht andererseits erstmals die grosse historische Botanik-Büchersammlung eines Vaduzer Sammlers der Öffentlichkeit zugänglich. 

Wertvolle botanische Raritätensammlung
In dieser Samm­lung finden sich zahlreiche Raritäten, so zum Beispiel eines der frühesten gedruckten Bücher (=Inkunabeln), ein vollständiges Pflanzensystem von Carl von Linné aus dem Jahr 1707, Hieronymus Bocks «Kreutterbuch» von 1498 oder ein japanisches Buch mit botanischen Begriffen aus dem 18. Jahrhundert. Zwischen diesen in sogenannten Wunderkammern ausgestellten Büchern finden sich bekannte wie auch weniger bekannte Kunstwerke, die etwas mit Pflanzen zu tun haben, so zum Beispiel Paul Klees «Gemüsegarten», Kopien aus seinem 1903 entstandenen Herbarium, eine Fotografie von Joseph Beuys mit dem Titel «botanischer Wahnsinn» oder das erste Blumenstillleben einer Frau, «Blumen in einer Vase» von Rachel Ruysch aus dem 18. Jahrhundert. Neben diesen internationalen Werken sind in einer weiteren Wunderkammer auch Werke aus Liechtenstein zu sehen. Einmal ein vom bereits verstorbenen Art-Brut-Künstler Matthias Frick (1964 – 2017) gemalter Baum, den Kuratorin Christiane Meyer-Stoll aufgrund seines Aussehens «Lungenbaum» taufte, zum anderen Fotografien des ehemaligen Künstlers und Pfarrers Anton Frommelt (1895 – 1975) von Alpenblumen, Fliegenpilzen und Landschaften. Und gleich daneben finden sich fünf «Hexenbollen» von Sunhild Wollwage.

Gesellschaftskritische Ansätze durch Pflanzen
Die Räume zwischen diesen Wunderkammern sind einzelnen, meist noch lebenden Künstlern gewidmet. Die den Eingangsbereich prägende raumhohe Wandtapete einer Strandlandschaft mit roten Geranien stammt vom Schweizer Künstler Uriel Orlow, der sich anhand von Pflanzen mit Fragen des Kolonialismus, der Gesellschaft und Medizin auseinandersetzt. Anhand von Geranien, die vor zahlreichen Jahren von Südafrika nach Europa gebracht wurden, zeigt er, wie eigentlich ein Neophyt heute unsere Heimatgefühle prägt. Dies veranschaulicht er zudem auf einem Postkartenständer, zu dessen Sammlung bei jedem Standort neue Motive dazukommen; in Liechtenstein ist es ein Blick auf Schloss Vaduz mit Geranien im Vordergrund sowie ein Blick von Triesenberg ins Tal hinab. Dabei untersucht er die Frage nach der Herkunft von Pflanzen, welche Geschichten sie erzählen und wie wir uns Pflanzen in ihrer Symbolik aneignen. Letzteres thematisiert auch die russische Künstlerin Anna Jermolaewa mit ihrer Installation aus Blumensträussen. «Friedliche Revolutionen suchten sich als Symbol oftmals Blumen aus», erklärt Christiane Meyer-Stoll dazu. So hat die Künstlerin für die Ausstellung in Vaduz in den letzten Wochen noch ein neues Werk, ebenfalls ein Blumenstrauss, mit dem Titel «Belarusian Protest», für die Frauen in Weissrussland geschaffen. Ebenfalls gesellschaftskritisch einzuordnen ist die Diapräsentation von Kristine Osswald, die am Tag des Kriegsausbruchs im Irak begann, ein Jahr lang jeden Tag eine gerodete Eiche zu fotografieren und damit den Verfall eines Baumes mit den Auswirkungen eines Krieges vergleicht.

Unscheinbare Dinge sichtbar machen
Einen weniger revolutionären Ansatz in seiner Kunst verfolgt der Biologe und Künstler Jochen Lempert, der an der gestrigen Pressekonferenz als einziger der ausstellenden Künstler anwesend war. «Ich versuche, mich durch die Fotografie genauer mit Pflanzen auseinanderzusetzen», erklärte Lempert. So bringt er mit seinen Schwarz-Weiss-Nahaufnahmen von Pflanzen Dinge zum Vorschein, die man im alltäglichen Leben übersehen würde. Auf einem Bild ist beispielsweise eine Pollenwolke einer Brennessel zu sehen und auf einem anderen ein blühender Efeu, in dem Christiane Meyer-Stoll ein typisches Archimboldo-Gesicht verortete. Neben den Fotos hält Lempert seine Pflanzenentdeckungen auch auf Fotogrammen fest, seit Neuestem inklusive Wurzeln, wie dies früher schon gemacht wurde. Weiters sind grossformatige Fotografien von Isabella Hollauf zu sehen, die zeigen, wie die Natur verfallene Bauten zurückerobert, oder Fotos von Jef Geys, der auf der venezanischen Friedhofsinsel San Michele untersuchte, welche Pflanzen an welchen Gräbern wachsen. Edith Dekyndt will in ihrer Installation «The Painter’s Enemy» den Klang der Pflanzen hörbar machen und Andrea Büttner bringt anhand von moosbewachsenen Steinen und Moosdrucken die menschliche Scham ins Spiel. Ebenfalls sehenswert sind die teils surrealistischen, teils abstrakten Bilder des Naturforschers Stefan Batalan wie auch die verspielte Installation «Florastrale» der deutschen Künstlerin Athena Vida, in der sie bis zu 20 Naturmaterialien wie Bambus, Holz, Kristalle, Seide, Blüten und Wachs auf einer dreistöckigen Konstruktion vereint.
Die erwähnten Werke sind nur einige der umfangreichen Ausstellung mit Werken von insgesamt 25 Künstlern, hinter denen viel Hintergrundwissen verborgen ist. Mehr Infos dazu gibt es im ebenfalls umfangreichen Begleitprogramm, das wiederum zum Ziel hat, möglichst viele Sparten zu vereinen. (mk)

Die Vernissage findet am kommenden Sonntag von 11 bis 17 Uhr statt. Anmeldung erbeten: buchungen@kunstmuseum.li




September 05, 2020 at 08:00PM
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